Heute hat das Parlament die seit mehreren Jahren diskutierte Revision des Bundesgesetzes über das internationale Privatrecht ("IPRG") beschlossen.
Um was es geht:
Ziel der Revision ist es, die Bestimmungen des internationalen Erbrechts zu modernisieren und zumindest teilweise den Rechtsentwicklungen im europäischen Raum (EU-Erbrechtsverordnung) anzugleichen, insb. um Zuständigkeitskonflikte zukünftig besser vermeiden zu können. Gleichzeitig wollte man bestehende Unklarheiten beseitigen.
Das revidierte internationale Erbrecht folgt weiterhin dem Grundsatz der Nachlasseinheit (gleiche Zuständigkeit und einheitliche Rechtsordnung für den gesamten Nachlass) und hält primär am Anknüpfungskriterium des letzten Wohnsitzes des Erblassers fest.
Die wichtigsten Neuerungen:
A. Zuständigkeit
1. Einschränkung der Schweizer Zuständigkeit (Art. 87 Abs. 1, 88 Abs. 1 nIPRG)
Hatte der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland, sind die Schweizer Behörden wie bisher nur ausnahmsweise für die Behandlung des Nachlasses zuständig. Neu ist klargestellt, dass bei einem Schweizer Erblassers mit letztem Wohnsitz im Ausland die Gerichte / Behörden an seinem Schweizer Heimatort nur dann zuständig sind, soweit sich die Behörden des Wohnsitzstaates (bisher: "die ausländischen Behörden") nicht mit dem Nachlass befassen. Um Zuständigkeitskonflikte zu vermeiden, können die Schweizer Behörden ihre Zuständigkeit aber ablehnen, soweit sich die Behörden eines ausländischen Heimatstaates des Erblassers, des Staates seines letzten gewöhnlichen Aufenthalts, oder des Lagestaates mit dem Nachlass befassen. Analoges gilt in Bezug auf die Zuständigkeit für in der Schweiz gelegenes Nachlassvermögen von ausländischen Erblassern mit letztem Wohnsitz im Ausland.
2. Keine zwingende Zuständigkeit mehr bei Wahl des Schweizer Heimatrechts (Art. 87 Abs. 2 nIPRG)
Bislang waren die Schweizer Behörden stets für den gesamten Nachlass zuständig, wenn ein Auslandschweizer das Schweizer Heimatrecht gewählt hat, mithin wurde mit der Wahl des Schweizer Heimatrechts automatisch auch die schweizerische Zuständigkeit prorogiert. Neu kann der Erblasser einen Vorbehalt betr. die Zuständigkeit anbringen und die Schweizer Zuständigkeit wegbedingen. Dadurch kann das Risiko von positiven Kompetenzkonflikten verkleinert und eine potentielle Anknüpfung für die Erhebung von Erbschaftssteuern am Schweizer Eröffnungsort vermieden werden.
3. Wegbedingen der schweizerischen Zuständigkeit (Art. 88b Abs. 1 nIPRG)
Ausländer mit letztem Wohnsitz in der Schweiz können bei einer Wahl des Heimatrechts neu explizit auch die ausländischen Heimatbehörden für zuständig erklären und damit die Schweizer Zuständigkeit wegbedingen.
B. Anwendbares Erbrecht
1. Grundsatz (Art. 90 nIPRG)
Der Nachlass eines Erblassers mit letztem Wohnsitz in der Schweiz untersteht wie bisher grds. dem Schweizer Recht (vorbehältlich einer Rechtswahl). Hatte der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland, so untersteht sein Nachlass demjenigen Recht, auf welches das Kollisionsrecht des Wohnsitzstaates verweist. Neu soll immer dann, wenn das ausländische Kollisionsrecht auf das schweizerische zurückverweist, das materielle Erbrecht des ausländischen Wohnsitzstaates zur Anwendung gelangen (Abs. 2). Sind jedoch die Schweizer Behörden am Heimatort eines Schweizer Erblassers mit letztem Wohnsitz im Ausland zuständig, so ist mangels Rechtswahl weiterhin schweizerisches materielles Recht anwendbar (Abs. 3).
2. Neue Rechtswahlmöglichkeiten (Art. 91 nIPRG)
Für Schweizer Bürger gab es bislang keine Möglichkeit, ausländisches Recht zu wählen. Im Entwurf war vorgesehen, dass zukünftig auch Schweizer Doppelbürger ihren Nachlass einem ihrer Heimatrechte unterstellen können. Dieser Vorschlag führte in den Räten - aufgrund der potentiellen Aushebelung des schweizerischen Pflichtteilsrechts - zu Differenzen. Im Sinne eines Kompromisses gilt neu: Schweizer Doppelbürger können neu zwar eines ihrer Heimatrechte wählen, jedoch können sie dadurch die Bestimmungen des schweizerischen Rechts über die Verfügungsfreiheit nicht abbedingen (Abs. 1). Mithin bleibt das schweizerische Pflichtteilsrecht vorbehalten. Eine Wahl des ausländischen Erbrechts kann aber trotzdem sinnvoll sein, z.B. um von ausländischen Planungsinstrumenten, wie Trusts, Gebrauch zu machen oder um einen Gleichlauf des anwendbaren Ehe- und Erbrechts sicherzustellen.
Auslandschweizer können überdies weiterhin eine Teilrechtswahl in Bezug auf das in der Schweiz gelegene Vermögen treffen, wenn damit auch die schweizerische Zuständigkeit verbunden ist (vgl. Abs. 3).
Ziele (nicht) erreicht?
Mit der LDIP-Revision werden die Gestaltungsmöglichkeiten bei der grenzüberschreitenden Nachlassplanung vergrössert, was zu begrüssen ist. Künftig sollte es bei einer sorgfältigen Planung besser gelingen, Zuständigkeitskonflikte zu vermeiden. Eine Kombination von Rechtswahl und Zuständigkeit dürfte einer effizienteren Rechtsanwendung dienen. Zuständigkeitskonflikte können aber auch unter dem revidierten LDIP nicht vollständig ausgeschlossen werden.
Schweizer Doppelbürger können neu ausländisches Heimatrecht wählen, müssen aber das Schweizer Pflichtteilsrecht beachten.
Mit den neuen Möglichkeiten dürfte die internationale Nachlassplanung noch anspruchsvoller werden. Gerne unterstützen wir Sie dabei!